Das Deutsche Zentrum für Luft- und Raumfahrt (DLR) hat in einer bahnbrechenden Analyse die Hitzebelastung in über 70 deutschen Großstädten ermittelt. Die Auswertung von Satellitendaten aus den Jahren 2013 bis 2024 offenbart, dass sich hochversiegelte und dicht bebaute Stadtgebiete in regelrechte „Hitze-Inseln“ verwandeln. Diese fundierte, datenbasierte Grundlage liefert entscheidende Erkenntnisse für eine effektive Klimaanpassung in unseren Städten.
Die verborgene Hitze: Satellitenbilder als Schlüssel zur Klimaforschung
Für die Studie nutzten die Forschenden thermale Aufnahmen der US-amerikanischen Landsat-Satelliten. Diese messen nicht die Luft-, sondern die Oberflächentemperatur, die in direktem Zusammenhang mit der menschlichen Hitzebelastung steht. Die Ergebnisse sind alarmierend: In einigen Innenstadtgebieten können die Oberflächentemperaturen bis zu 8 bis 10 Grad Celsius höher sein als im umliegenden ländlichen Raum.
Professor Hannes Taubenböck vom DLR-Earth Observation Center betont, dass diese Daten essenziell sind, um Hitzepunkte zu identifizieren und zu überwachen. „Aus der Fernerkundung haben wir mittlerweile umfangreiche Daten, um räumliche Hitze-Hot-Spots zu identifizieren, zu quantifizieren und zu monitoren“, erklärt er. Diese Informationen sind entscheidend, um die städtische Bevölkerung vor den gesundheitlichen Folgen von Hitzestress zu schützen. Eine frühere Studie des DLR in Augsburg zeigte bereits, dass während Hitzewellen mehr als die Hälfte der Bevölkerung auch nachts dauerhaft hohen Temperaturen ausgesetzt ist. Dadurch fehlt dem menschlichen Körper die notwendige Erholung, was die Gesundheitsgefährdung massiv erhöht.
Grüne Lungen und kühle Oasen: Maßnahmen gegen die Hitze
Die DLR-Analyse belegt, dass die Bebauungsdichte und die Menge an Grünflächen einen direkten Einfluss auf die städtischen Temperaturen haben. Städte mit einem hohen Anteil an grüner und blauer Infrastruktur – also Parks, Gärten, Wasserflächen – weisen deutlich geringere Temperaturunterschiede zum Umland auf. Diese „grünen Lungen“ wirken wie natürliche Klimaanlagen, da sie durch Verdunstung und Schattenwurf einen signifikanten Kühleffekt erzeugen.
Die Erkenntnisse des DLR liefern eine wichtige Basis, um gezielte Maßnahmen zur Klimaanpassung zu entwickeln. Dazu gehören die Schaffung von mehr Grünflächen, die Begrünung von Dächern und Fassaden, aber auch langfristige städtebauliche Eingriffe. Solche Entscheidungen müssen jedoch immer auch die Konflikte zwischen dem Bedarf an Wohnraum, Verkehrsinfrastruktur und dem Schutz vor Hitzewellen berücksichtigen. „Wir möchten Wissen liefern, um gesellschaftliche und politische Entscheidungen dazu bewusster treffen zu können“, so Professor Taubenböck.
Zukünftige DLR-Analysen werden die Temperaturwirkung verschiedener Anpassungsmaßnahmen untersuchen. Durch die Kopplung von Stadtklima-Modellen mit Fernerkundungsdaten können Szenarien bewertet und so ein wichtiger Beitrag zu einer nachhaltigen Stadtentwicklung geleistet werden. Die Fernerkundung bietet hier eine einzigartige Chance, da sie flächendeckende und hochauflösende Messdaten liefert, die herkömmliche Messstationen nicht abbilden können. So kann die Stadtplanung Hitzeschutzmaßnahmen gezielt dort umsetzen, wo sie am dringendsten benötigt werden, um die Lebensqualität in unseren Städten auch in Zukunft zu sichern.

